Berlin, 10. Juni 2016. Immer mehr Menschen in Deutschland sind betroffen: 3,4 Millionen Patienten haben schwere chronische Schmerzen. Dies geht aus Analysen ambulanter Diagnosedaten von ca. 72 Millionen GKV-Versicherten des Bundesversicherungsamtes (BVA) für das Jahr 2014 hervor. Für das Jahr 2013 berechnete das BVA noch 2,8 Millionen Patienten mit chronischen Schmerzen. Daraus ergibt sich eine Zunahme der chronischen Schmerzkrankheit um 21 Prozent innerhalb eines Jahres. Nur 1142 spezielle Schmerztherapeuten sind in Deutschland ambulant tätig. „Die schmerzmedizinische Unterversorgung in Deutschland steigt weiter an. Wir weisen die politisch Verantwortlichen von Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Krankenkassen seit Jahren darauf hin. Aber es verändert sich nichts. Das Systemversagen ist offensichtlich und die Patienten sind die Leidtragenden. Jetzt wird es höchste Zeit, dass der Gesetzgeber eingreift“, erklärte Prof. Dr. Dr. Joachim Nadstawek, Vorsitzender des Berufsverbands der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland e.V. (BVSD).
Nach einem Volldatensatz des BVA zur vertragsärztlichen Versorgung wurden 2014 im ambulanten Bereich 3.430.300 Mal die ICD-Diagnosen F45.4 Anhaltende Schmerzstörung, F45.40 Anhaltende somatoforme Schmerzstörung, F45.41 Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, R52.1 Chronischer unbeeinflussbarer Schmerz und R52.2 Sonstiger chronischer Schmerz festgestellt. In 2.423.274 Fällen kodierten die Vertragsärzte diese Diagnose über zwei Quartale. Im stationären Sektor wurde in 29.519 Fällen eine „Chronische Schmerzkrankheit“ diagnostiziert.
Der BVSD fordert, eine bislang nicht gegebene flächendeckende schmerzmedizinische Versorgung von Patienten mit chronischen Schmerzen in Deutschland sicherzustellen. „Bloße Absichtserklärungen lösen den dringenden Handlungsbedarf nicht. Wir appellieren an den Gesetzgeber, die Zügel in die Hand zu nehmen und durch gesetzliche Fristsetzung, die gemeinsame Selbstverwaltung zum Handeln zu zwingen. Denn ohne den notwendigen gesetzlichen Druck wird sich nichts bewegen“, sagt Nadstawek.
Zudem fordert der BVSD den Gemeinsamen Bundesausschuss auf, Regelungen in der Bedarfsplanungs-Richtlinie zu schaffen, die dazu führen, dass die Zulassungsausschüsse bei der Neubesetzung von Arztsitzen mit Versorgungsschwerpunkten in Schmerz- oder Palliativmedizin diese wieder gezielt an Ärzte vergeben, die hier ebenfalls tätig sind. Anreize müssten geschaffen werden, dass künftig mehr Ärzte eine Weiterbildung in Spezieller Schmerztherapie absolvierten.
Der über seine Landesverbände bundesweit organisierte BVSD vertritt die berufspolitischen Interessen aller schmerztherapeutisch und in der Palliativmedizin tätigen Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten und setzt sich für die weitere qualitative und strukturelle Entwicklung der Allgemeinen und Speziellen Schmerztherapie und der Palliativmedizin ein. Schwerpunkte der Verbandsarbeit liegen in der Vertragsentwicklung und im Kooperationsmanagement sowie in der Qualitätssicherung und im -management.