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Klinikreform: Ohne eigene Leistungsgruppe droht die Schmerzmedizin großen Schaden zu nehmen
Berlin, 26. April 2024. In den bisherigen Regierungsplänen zur geplanten Krankenhausreform ist eine Leistungsgruppe Schmerzmedizin nicht vorgesehen. Deshalb wird es voraussichtlich beim Reformstart zu einer Absenkung der Fallpauschalen für schmerzmedizinische Leistungen kommen. „Schon jetzt sehen wir die Auswirkungen dieser verfehlten Versorgungspolitik. Denn die Geschäftsführer der Krankenhäuser und Kliniken konzentrieren sich bereits heute hauptsächlich auf die geplanten Leistungsgruppen. Hier spielt zukünftig die Musik. Die Kliniken kehren teilweise bereits heute die teil- und vollstationäre schmerzmedizinische Versorgung unter den Teppich, weil sie zukünftig als erlösirrelevant erachtet wird. Teilstationäre und stationäre schmerzmedizinische Einrichtungen werden geschlossen oder Neuplanungen eingestellt. Wieder einmal schlägt die Monetik die Ethik im vorauseilenden Gehorsam“, erklärte Prof. Dr. Dr. Joachim Nadstawek, Vorsitzender des Berufsverbands der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland e.V. (BVSD).
In Deutschland leben rund 4 Millionen Patienten mit schweren und hochproblematischen chronischen Schmerzen. Diese Patienten benötigten in der Regel eine Therapie durch Schmerzspezialisten, bei der verschiedene Methoden kombiniert werden, die sog. interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie. Nadstawek: „Eine interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie kann jedoch nur in rund 450 Krankenhäusern teil- bzw. vollstationär durchgeführt werden. Im ambulanten Bereich ist eine interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie überhaupt nicht in der vertragsärztlichen Versorgung vorgesehen. Klar ist, wenn es keine Leistungsgruppe Schmerzmedizin gibt, droht die schmerzmedizinische Versorgung zu entgleisen. Der ambulante Sektor kann keine Verlagerungseffekte ausgleichen.“
Nur etwa 420.000 Patienten mit schweren und hochproblematischen chronischen Schmerzen könnten in Deutschland von rund 1.400 ambulant tätigen Schmerzmedizinern im Quartal schmerzmedizinisch versorgt werden, so Nadstawek.
„Obwohl es keinen Facharzt für Schmerzmedizin und keine Bedarfsplanung gibt, ist die teil- und vollstationäre schmerzmedizinische Versorgung unerlässlich für eine Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Deutschland.“
Der BVSD fordert den Gesetzgeber und insbesondere das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus und die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, die die zukünftige Leistungsgruppen ausdifferenzieren sollen, erneut auf, sich für die dringend notwendige schmerzmedizinische Versorgung über alle zukünftigen Krankenhauslevel hinweg stark zu machen.
Eine zukünftige Leistungsgruppe Schmerzmedizin zeichne sich in der stationären Versorgung durch ihre gute Planbarkeit ohne Notfallversorgung und eine vergleichsweise lange mittlere Verweildauer von knapp 13 Tagen pro Fall aus. Kurze Fahrzeiten spielten in der stationären Versorgung deshalb eine untergeordnete Rolle, so der BVSD.