3,4 Millionen Schmerzpatienten sind die Stiefkinder des Gesundheitssystems – BVSD fordert neue Versorgungsstruktur

Berlin, 23. Juni 2017. „Patienten mit chronischen Schmerzerkrankungen sind die Stiefkinder in unserem Gesundheitssystem, weil sie viel zu lange keine geeignete Therapie erfahren und häufig fehlversorgt werden. Unnötige und kostenintensive Diagnostik, Behandlungen und Operationen sind die Folgen. Deshalb brauchen wir eine neue schmerzmedizinische Versorgungsstruktur in Deutschland“, erklärte Prof. Dr. Dr. Joachim Nadstawek, Vorsitzender des Berufsverbands der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland e.V. (BVSD) heute zur Eröffnung des 8. BVSD-Kongresses in Berlin. Im Beisein von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe forderte der BVSD die politische Unterstützung bei der Einführung einer neuen spezialisierten ambulanten Schmerzversorgung (SASV) in die Gesetzliche Krankenversicherung.

„Wir brauchen eine spezielle, qualifizierte und interdisziplinäre Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzen in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung durch interdisziplinäre schmerzmedizinische Teams. Wir müssen die schmerzmedizinische Unterund Fehlversorgung schnellstmöglich beseitigen“, so Nadstawek. Denn durch den fehlenden ärztlichen Nachwuchs drohe die schmerzmedizinische Versorgungssituation bald „völlig aus dem Ruder zu laufen“. Der BVSD-Vorsitzende forderte die Gesundheitspolitik auf, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Einführung einer SASV zu schaffen und dies im Koalitionsvertrag einer neuen Bundesregierung zu fixieren.

Der BVSD mahnt seit langem die Sicherstellung einer bislang nicht gegebenen flächendeckenden schmerzmedizinischen Versorgung von Patienten mit chronischen Schmerzen in Deutschland an. Mehrmalige Versuche über die Gemeinsame Selbstverwaltung zu Lösungen zu kommen, hätten bislang zu keinen durchgreifenden Veränderungen geführt, so Nadstawek. In Deutschland vergehen durchschnittlich zwei Jahre vom Beginn einer chronischen Schmerzkrankheit bis zur richtigen Diagnose und weitere zwei Jahre bis zu einem adäquaten Behandlungsansatz. Von ca. 3,4 Millionen Patienten mit schweren und hochproblematischen chronischen Schmerzen mit psychischen Beeinträchtigungen können heute etwa maximal 350.000 Patienten von einem der 1.173 ambulant tätigen Schmerzspezialisten versorgt werden.

Der BVSD veröffentlichte heute Eckpunkte seines SASV-Konzeptes: Demnach sollten Schmerzpatienten zukünftig von interdisziplinären Teams umfassend und intensiv ambulant behandelt werden können. Haus- und Fachärzte, Psychotherapeuten, Physio-, Sport-, und Ergotherapeuten und Pain Nurses arbeiten dabei abgestimmt und multimodal zusammen. Dadurch könne ein Rückgang der Schmerzbelastung sowie hohe Rückkehrraten der Patienten ins Erwerbsleben erzielt werden, so der BVSD. Erfolgreiche Modellversuche zeigten, dass durch einen frühzeitigen und strukturierten Beginn eines abgestuften Behandlungskonzeptes eine weitere Chronifizierung von Schmerzen vermieden werden kann.

Der über seine Landesverbände bundesweit organisierte BVSD vertritt die berufspolitischen Interessen aller schmerztherapeutisch und in der Palliativmedizin tätigen Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten und setzt sich für die weitere qualitative und strukturelle Entwicklung der Allgemeinen und Speziellen Schmerztherapie und der Palliativmedizin ein. Schwerpunkte der Verbandsarbeit liegen in der Vertragsentwicklung und im Kooperationsmanagement sowie in der Qualitätssicherung und im -management.

Pressekontakt: Wolfgang Straßmeir, Tel. 030 / 2 88 67 260, ws@bvsd.de